Post Malone und die genialste Generation der Menschheit
Zurzeit lese ich das Buch „Der Medicus“, welches ungefähr im
Jahr 1050 n. Chr. Spielt. Es ist total schön, mit solch einer Leichtigkeit in
die Vergangenheit reisen zu können und es lässt mich wundern, ob 1000 Jahre von
heute auch jemand Texte über uns lesen wird, welche ihn in die gleiche Melancholie
versetzen wie dieses Buch mich. Nicht, dass ich tatsächlich wünsche, damals
gelebt zu haben. Huiui, schon allein die Pest ist Grund genug nicht durch die Zeit
zu reisen. Aber es freut mich schon sehr durch solche Bücher auf den Gedanken
zu kommen, wie viele Menschen schon so lange auf dieser Welt Abenteuer erlebt
haben. Sicher, die Zeiten waren oft sehr hart. Aber dennoch gab es in jedem
einzelnen Leben glückselige Momente. So viele! Das macht mich sehr glücklich.
Ich stelle mir vor, dass dieser Text eines Tages einmal
gelesen wird. In einer komplett anderen Zeit. Deshalb möchte ich erzählen, wie
ich letztens auf einem Post Malone Konzert war und es mich sehr berührt hat.
Wer den Sänger kennt weiß, dass seine Lieder rauf und runter
im Radio laufen und sie leicht im Ohr hängen bleiben. Seine Beats gehören zum
Hip Hop, er hat das Gesangstalent eines Opernsängers, die Stimme eines Heavy
Meatlers und schreibt Songs, die all das raffiniert genug vereinen, um von
Pop-Genre überlasteten Radiosendern gespielt zu werden. Der Kerl ist 23 Jahre
alt und hat es geschafft, dass die Welt seine Werke liebt. Trotz allem war ich
eher skeptisch bevor das Konzert begann. Wie können diese Lieder live gespielt
Stimmung aufkommen lassen? Doch alle Sorgen waren umsonst, denn die uns
dargebotene Show war ein reines Kunstwerk. Absolut alleine auf der Bühne
schaffte er es, die gesamte Menge der vollen Olympiahalle mitzureißen. Ich war
beeindruckt von der wahnsinnigen Lichtshow, mit der seine unglaublich
emotionale Performance jedes einzelne Lied perfekt unterstrich. Die Zeit ging
viel zu schnell rum und dennoch fühlte es sich wie eine Ewigkeit an, in der
Raum und Zeit keine Rolle mehr gespielt haben. Ich war mächtig stolz auf den
Star.
Der Moment, der einen stolz auf jemanden macht, bedeutet mir
immer sehr viel. Ich liebe es Menschen mitzuteilen, wenn ich stolz auf sie bin!
Genau dann nehme ich sie nämlich in ihrer reinsten Form war. Einfach nur als
Person, mit Träumen und Zielen, denen sie hinterher rennt mit aller Passion,
die in ihr steckt. Darauf kann man ja nur stolz sein!
Das Coole an der Tatsache, dass ich stolz auf Post Malone
war ist, dass ich auch ihn, den großen Helden der Bühne, „einfach nur“ als
Mensch wahrnahm. Ich, die unbedeutende Zuschauerin, die die Tatsache, wie er
diese Halle entertainte, irgendwie wertschätzen musste. Und so fiel mir nichts
Besseres ein als auf diese Art und Weise meine tiefe Anerkennung kundzutun.
Auf dem Weg zurück nach Hause gab mein Bruder seine Gedanken
preis: „Ich wette der war high! Habt ihr seine Augen gesehen?! Und außerdem:
Wie soll man so etwas sonst aushalten!“. Mit „so etwas“ meinte er die Bässe,
die vielen Lichter, die schon den Zuschauer beim einmaligen Zuschauen
überforderten, das Gebrüll der Menge, die körperliche Anstrengung, die vielen
Emotionen und das immer und immer wieder, fast jeden Tag. A never ending story.
Ich muss meinem Bruder recht geben, das Konzert war kein durchschnittliches,
sondern es wurde in einer Perfektion aufgebaut und durchgeführt, die vom
Künstler viel fordern muss. Aber trotzdem schockierte mich seine Aussage etwas.
Muss man sich wirklich mit Drogen betäuben, um eine solche Leidenschaft
ausleben zu können? Auf der einen Art war ich enttäuscht, weil mir das Konzert
so viel Freude bereitet hatte aber derjenige, der da vor uns gestanden hat,
nicht wirklich 100% er selbst war. Auf der anderen Seite war ich verunsichert,
so etwas von meinem Bruder zu hören. Mit solch einer Selbstverständlichkeit. Es
brachte mich dazu darüber nachzudenken, in wie fern das „Betäubnis“ in unserer
Generation normal geworden ist. Ein Konzert ist ein sehr sozial geladenes
Event, genauso ist es unsere Welt geworden: Mit sozialen Medien, dem
unglaublich schnellen Informationsfluss und unserem ständigen Drang nach mehr
davon, befinden wir uns in einer Welt des sozialen Konsums. Wir sind süchtig
danach geworden, immer mehr von den Menschen auf dieser Welt zu sehen, uns von
ihren Erlebnissen stimulieren zu lassen und drängen immer weiter nach den
kurzen „Highs“, die all dies mit sich bringt. Es ist prägend für unsere
Generation geworden und ich will mich kaum beschweren, denn ich liebe die
ständige Inspiration, die damit einher kommt.
Doch diese eine Aussage meines Bruders hat mich kurz inne
halten lassen. Unsere Sucht nach mehr sozialem Input betäubt uns. Wir, die
kontinuierlich nach dem nächsten Kick suchen, betäuben uns mit genau diesem.
Weil uns all das und die Welt zu viel wird. Das alles ist normal und somit ist
das Betäubnis unsere Realität geworden. Ich habe ehrliche Angst davor bekommen,
auch wenn ich es verstehe. Wir sind die schrille, bunte, absolut geniale,
weltoffene Generation voller intellektueller Sozial-Vollgedröhnter. Aber
ehrlich gesagt, will ich die „reinen“ Seelen nicht verlieren. Unsere Generation
ist so voller Potenzial und stellt den Hoffnungsträger der Welt dar. Nun will
ich nicht sagen, dass wir abgestumpfte, vor unseren Handys kauernde Zombies
geworden sind, so wie es uns die Älteren
gerne vorwerfen. Im Gegenteil: Wir sind die Weltoffensten. Wir sind die Vernetztesten.
Wir sind die Kommunikativsten. Und das bedeutet, dass wir Konflikte lösen. Ich
bin sehr stolz Teil dieser Generation zu sein, weil ich sehe, dass die Welt
durch uns besser wird. Größer. Mit mehr Platz für alle. Sorge bereitet mir nur
unser Drang nach Konsum, und dass wir uns damit ein eigenes Bein stellen, weil
wir nicht mehr wir selbst sein können in der Gewohnheit uns hinter
Filter-Nebeln zu verstecken. Die Konsequenz für mich lautet daher: Ich will
wach bleiben. Nicht versumpfen. Und genauso will ich, dass meine Engsten wach
bleiben. Oder Post Malone. Weil wer ein solches Konzert abliefert, darf dieser
Welt nicht verloren gehen. Über uns sollen noch lange Geschichten erzählt
werden. <3
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